Das am 26. Mai 2023 veröffentlichte Regierungsübereinkommens 2023 – 2028 von ÖVP und FPÖ steht unter dem Motto „Gemeinsam in eine stabile und sichere Zukunft“. Im Folgenden werden klimarelevante Passagen des Textes vorgestellt und mit einer ersten Einschätzung versehen.
Kapitel 6 ist dem Bereich „Nachhaltigkeit, Natur- und Klimaschutz und Energie“ gewidmet. Zuständig sein werden LR Josef Schweiger (Energie, Nationalpark und Antheringer Au) sowie LHStv. Marlene Svazek (Naturschutz). Klimaschutz wird bei der Ressortaufteilung nicht explizit angeführt. Klimarelevant im Regierungsübereinkommen ist auch Kapitel 8 „Verkehr und Mobilität“ (zuständig dafür ist wie bisher Stefan Schnöll, der auch das Ressort Wirtschaft und Tourismus verantwortet). Einfluss auf die Klimapolitik hat auch der Bereich Raumordnung und Wohnen (Kapitel 4, zuständig ist der neue Landesrat Martin Zauner) sowie der Bereich Landwirtschaft (Kap. 10, wie bisher bei Landesrat Josef Schweiger angesiedelt).
Die Klimakrise scheint in der Präambel nicht als Herausforderung auf
Auffallend ist, dass in der Präambel zwar Themen wie die Aufarbeitung von Corona, der Ukrainekrieg sowie die Teuerungen genannt werden, mit keinem Wort aber die Klimakrise aufscheint. Gesprochen wird davon, „dass wir uns auch künftig im nationalen und internationalen Wettbewerb an der Spitze der europäischen Regionen behaupten können und Salzburg für unsere Bürgerinnen und Bürger eine lebenswerte, sichere und leistbare Heimat ist.“
Als eines der Ziele wird aber formuliert: „Salzburg als nachhaltiges, umwelt- und klimabewusstes sowie mobiles Bundesland“, wobei „die realistische Abwägung aller öffentlicher Interessen Grundlage der einzelnen Maßnahmen zu sein“ habe. Betont wird die Verringerung der Energieabhängigkeit: „Dabei wollen wir vor allem die Energiewende mit dem Ziel vorantreiben, Salzburg zu einem hohen Grad energieautark zu machen.“
Natur- und Klimaschutz als Zielkonflikte
Natur- und Klimaschutz werden zusammengedacht, mögliche Zielkonflikte angesprochen. In Kapitele 6.1 heißt es: „Der Erhalt der weitgehend intakten Naturräume Salzburgs für kommende Generationen, Natur-, Umwelt- und Klimaschutz sowie eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise sind dieser Landesregierung wichtige Anliegen. Klimaschutz und Naturschutz bedingen sich gegenseitig und profitieren voneinander. Zum Teil gibt es jedoch Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und Naturschutz, den es auszugleichen und gemeinsam mit allen Partnern aufzulösen gilt.“
Hingewiesen wird im Zusammenhang mit Naturschutz auf die Notwendigkeit „eines partnerschaftlichen Zuganges mit Grundeigentümern und Nutzern“. Unter Naturschutzgruppen bereits für Kritik sorgte die Formulierung „Darüber hinaus braucht es für Projektgenehmigungsverfahren einen neuen Ansatz, der neben dem Artenschutz vorrangig dem Klimaschutz Rechnung trägt.“ Befürchtet wird die Aushebelungen des Naturschutzes.
Neben der Bedeutung der bestehenden Naturschutzgebiete und der Fortführung von Programmen wie „Natur in der Gemeinde“ wird auch Umweltbildung angesprochen: „Umweltbildung ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreichen Klima- und Naturschutz. Hier wollen wir das bestehende Angebot ausbauen und weiterentwickeln. Dabei soll die Entstehung unserer Kulturlandschaft entsprechend mitberücksichtigt werden.“
Ziele des Masterplans Energie und Klima 2050 bleiben aufrecht
In Kapitel 6.2 heißt es: „Die Reduktion der Abhängigkeit der Energieversorgung von fossilen Brennstoffen und der Umstieg auf regionale, heimische und nachhaltige Energieträger wird weiterhin mit Hochdruck verfolgt. In diesem Zusammenhang ist es unser erklärtes Ziel, den Masterplan Klima und Energie 2050 in all seinen Facetten (Erzeugung, Effizienz, Einsparung) umzusetzen.“ Hinweis: Gemeint ist wohl die Energie + Klimastrategie 2050 mit Klimaneutralität bis zum Jahr 2050, der Masterplan 2030 mit konkreten Maßnahmen und Zwischenzielen bis zum Jahr 2030 wird nicht angesprochen.
Bezüglich Ausbau von Erneuerbare Energieanlagen werden beschleunigte Verfahren, bei Wasserkraft der Bau der Anlagen Stegenwald, Golling und Sulzbachtal sowie die „wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Windenergie an Stellen mit ausreichender Windfracht und unter Einbindung der regional betroffenen Bevölkerung“ genannt. Hinweis: Im Regierungsplan ist hier allerdings nur die geplante Anlage Windsfeld mit 12 Windrädern für die Regierungsperiode vereinbart. Vor der Wahl plädierte die ÖVP für 25 Anlagen. Auch die Solarenergie soll weiter ausgebaut werden: „Unser primäres Ziel ist die solare Nutzung der Dächer in unserem Bundesland.“ Das Land müsse da auch Vorbild sein: „Wir setzen einen Investitionsschwerpunkt für Photovoltaik auf Dächern von Landesgebäuden (Straßenmeistereien, Berufsschulen etc.).“ Bürgerbeteiligungsverfahren sollen helfen, den Ausbau Erneuerbarer Energie zu fördern und mögliche Konflikte zu bereinigen.“
Fokus auf Energieautonomie und leistbare Energie
Die Salzburg AG soll in die Pflicht genommen werden: „Wir setzen uns bei der Salzburg AG ein, dass diese auch weiterhin zu den günstigsten Landesenergieversorgern zählt“, wenn möglich sollen die Anteile der Energie AG an der Salzburg AG zurückgekauft werden (ein Vorschlag, der schon vor der Wahl diskutiert wurde).
Generell wird Energieautonomie als Ziel formuliert, Energieeffizienz betont (Prinzip „Energy Efficiency First“), Energieverbrauchsreduktion wird nur im Zusammenhang mit der Fortführung von Energieberatung angesprochen. Der Begriff der Klimaneutralität wird vermieden, es heißt aber: „In der Verfolgung unserer Dekarbonisierungsbemühungen setzen wir auf einen weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes, der Nutzung industrieller Abwärme und der Verwendung, CO2-neutraler Energieträger.“ Zudem soll der Rohstoff Holz weiter genutzt und als klimaneutrale Energie angesehen werden, was den weiteren Ausbau von Biomasse nahelegt. „Wir wollen das Potential des ´Holzlandes Salzburg´ noch stärker heben“, heißt es im Text.
Verkehr und Mobilität – Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und der Straßen
In der Einleitung zum Kapitel „Verkehr und Mobilität“ wird auf Klimaschutz verwiesen, zugleich die Notwendigkeit einer entsprechenden Autoinfrastruktur betont: „Wir forcieren die Mobilitätswende als wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz und setzen auf einen ausgewogenen Mobilitätsmix mit attraktiven öffentlichen Verkehrsangeboten für all jene, die sie nutzen können und eine adäquate Straßeninfrastruktur für diejenigen, die nach wie vor auf das Auto angewiesen sind.“
Die Umsetzung des S-Link wird als zentrales Projekt angesehen. Neben dem Bekenntnis zum Ausbau des Öffentlichen Verkehrs sowie der Zubringer-Infrastruktur wie P&R-Plätze soll es Angebote für den Micro-ÖV geben. Die geförderten Tickets soll es weiterhin geben, geplant ist ein zusätzliches Touristen-Ticket.
Das durchgehende Radwegenetz soll bis 2035 auf 1000 Kilometer ausgebaut, die Ladeinfrastruktur für E-Autos unterstützt werden. Im Text heißt es: „Neben dem Ausbau der Straßeninfrastruktur braucht es ein einheitliches Konzept für flächendeckende E-Schnellladestationen. Wir werden das Netz gemeinsam mit den Energie-Versorgern so ausbauen, dass eine attraktive Abdeckung fürs gesamte Bundesland gewährleistet werden kann.“ Der Verkehrssicherheit und dem Verkehrsmanagement ist ein eigenes Unterkapitel gewidmet.
Wohnen und Raumordnung als klimarelevante Bereiche
Im Bereich „Wohnen und Raumordnung“ (Kapitel 4) wird zunächst auf leistbaren Wohnraum für alle Bezug genommen, wobei die Förderung von Eigentum und Miete gleichrangig gesehen wird. Im Umwelt- und Klimakontext interessant ist die Betonung des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden Die Vermeidung übermäßiger Bodenversiegelung sei ein Gebot der Stunde: „Daher soll es eine verstärkte Förderung von Nachverdichtung, die grundsätzliche Forcierung des Einsatzes recycelter Baustoffe sowie Unterstützung und Begleitung bei der Renovierung von bestehenden Wohnbauten geben.“
Die Notwendigkeit der Gebäudesanierung wird mit den gestiegenen Energiekosten argumentiert. Im Text heißt es: „Daher wollen wir auch die Sanierungsförderung weiter attraktivieren. Dazu soll etwa ein zusätzlicher Sanierungsbonus auf die bestehende Sanierungsförderung eingeführt werden.“ Geplant ist die Einführung eines „Renovierungspasses“ ergänzend zum aktuellen Energieausweis. Die Kosten für die Errichtung von E-Ladeinfrastruktur soll generell förderungswürdig werden, nicht nur bei nachträglich eingebauten Anlagen.
Umgang mit Grund und Boden
Hinsichtlich effizienter Nutzung von Wohnraum wird Untertstützung in Bezug auf „bedarfsgerechten Wohnungstausch“ sowie eine landesweite Online-Plattform für Wohnungssuchende in Aussicht gestellt. Vorsichtig ist die Formulierung im Zusammenhang mit Leerstandsnutzung: „Wir wollen Zweitwohnsitzobjekte verstärkt für die Hauptwohnsitznutzung mobilisieren.
Dafür sollen die Gemeinden in ihren Bemühungen, Zweitwohnsitze anzukaufen und zu sanieren, um sie danach einer Hauptwohnsitznutzung zuzuführen, unterstützt werden.“
Betont wird zudem das Bauen mit Holz: „Wir bekennen uns zu Holz als unseren heimischen Baustoff mit hoher regionaler Wertschöpfung. Neben der Errichtung von öffentlichen Bauten forcieren wir grundsätzlich den
Einsatz von Holz – insbesondere im mehrgeschossigen Wohnbau – als CO2-neutralen Baustoff in Baurecht und Wohnbauförderung.“
Von Klimarelevanz ist insbesondere die Raumordnung, weil diese starken Einfluss auf die Alltagswege der Menschen hat. Betont wird die Fortführung des neuen Landesentwicklungsprogramms mit dem Fokus auf Ortskernstärkung: „Maßnahmen hierfür sind unter anderem die Festlegung der Hauptsiedlungsbereiche und deren Nebenzentren. Bei diesen raumordnungsfachlich bevorzugten Lagen wollen wir Verfahrensbeschleunigungen in der Flächenwidmung.“
Landwirtschaft und Regionalität – Kritik an EU-Biodiversitätsvorgaben
In Kapitel 10 werden „Landwirtschaft und Regionalität“ zusammengesehen. Die heimische Landwirtschaft soll in ihrer Wettbewerbsfähigkeit weiter gestärkt werden, ein Beitrag dazu wird in der Energiebereitstellung gesehen: „Die Landwirtschaft soll noch stärker als bisher zur Erreichung der Ausbauziele der erneuerbaren Energie beitragen und davon auch profitieren.“
Eher defensiv sind die Ankündigungen zum Bereich Biolandwirtschaft: „Wir bekennen uns zur Vorreiterrolle einer ökologisch und regional ausgerichteten
Landwirtschaft. Biolandbau und Gentechnikfreiheit sind insofern abzusichern, dass überschießende und in der Praxis nicht umsetzbare Vorschriften weitestgehend vermieden werden.“ Abgelehnt wird der EU-Verordnungsentwurf zur Wiederherstellung der Natur: „Die Landesregierung setzt sich daher intensiv auf allen Ebenen gegen die Umsetzung des aktuell vorliegenden Vorhabens und den damit verbundenen Einschränkungen für die Land- und Forstwirtschaft ein.“ Dazu passen auch Warnungen vor EU-Maßnahmen im Bereich Jagd: „Zunehmend gerät insbesondere die Jagd ins
Spannungsfeld europarechtlicher Bestimmungen des Natur- und Artenschutzes. Die Jagd ist jedoch ein besonders lebensnaher Bereich, der starke regionale Unterschiede aufweist und daher effizientes und möglichst rasches Handeln, sowie die Bereitstellung von Lösungen vor Ort verlangt.“
Kapitel 10.3. widmet sich der Sicherung der Wasserversorgung. Darin heißt es: „Wir bekennen uns zur Notwendigkeit, dass die öffentliche Wasserversorgung im Einflussbereich der öffentlichen Hand bleiben muss. Zur Unterstützung und nachhaltigen Sicherung der bestehenden Organisationsstruktur der Trinkwasserversorgung wird der Dachverband der Salzburger Wasserversorger und der Dachverband Salzburger Abwasser mit entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet.“
Hoher Lebensstandard und Wettbewerbsfähigkeit als Ziele
Kapitel 5 widmet sich der Wirtschaft sowie dem Tourismus. Einleitend wird betont, dass der hohe Lebensstandard in Salzburg und die Wettbewerbsfähigkeit der Salzburger Wirtschaft zentrale Ziele der Regierungspolitik sein werden: „Salzburg zählt seit vielen Jahren zu den wirtschaftlich stärksten und innovativsten Regionen Europas. Eine hohe Kaufkraft, niedrige Arbeitslosenzahlen und ein hoher Lebensstandard
zeichnen unser Bundesland aus. Diese Spitzenposition wollen wir in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Dabei soll eine besonders unternehmerfreundliche Politik und Verwaltung, die immer auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Blick hat, zur wirtschaftlichen
Dynamik wesentlich beitragen.“ Mögliche Zielkonflikte zwischen der weiteren Steigerung des Lebensstandards sowie einer nachhaltigen Entwicklung werden nicht gesehen.
In Bezug auf Wirtschaftsförderung heißt es: „Wir beabsichtigen unsere bisherigen Förderaktionen, wie jene mit Schwerpunkt Innovation und Technologie sowie die Startup-Förderung zu überarbeiten, um die Wettbewerbsfähigkeit und Krisensicherheit der Salzburger Wirtschaft weiter zu stärken. Das Wachstumsprogramm für Kleinbetriebe wird fortgeführt und laufend an die aktuellen Anforderungen angepasst.“ Förderungen zur Steigerung der Energieeffizienz sowie zum Umstieg auf Erneuerbare Energien werden mit der Verteuerung der Energie argumentiert, das Wachstumsdenken bleibt aber aufrecht. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft werden ebenfalls nur im Zusammenhang mit Förderungen erwähnt: „Die Salzburger Unternehmen, die großteils familiengeführt und ein wichtiger Faktor für den Standort sind, unterstützen wir auch in Zukunft, etwa durch zielgerichtete Förderungen in den Bereichen Innovation, Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft.“
Resümee: Der grundlegende Paradigmenwechsel bleibt ausgespart
Das Regierungsübereinkommen enthält sinnvolle Ansätze im Bereich des Ausbaus der Erneuerbaren Energie, der Gebäudesanierung sowie der Förderung des Öffentlichen Verkehrs und der Radinfrastruktur. Die bisherigen Klimaziele des Landes werden offensichtlich weiter verfolgt. Auffallend ist aber, dass in der Präambel zwar Themen wie die Aufarbeitung von Corona, der Ukrainekrieg sowie die Teuerungen genannt werden, mit keinem Wort aber die Klimakrise aufscheint. Argumentiert wird vor allem mit der Förderung von Energieautonomie, der Begriff Klimaneutralität wird offensichtlich vermieden.
Energieeffizienz wird angesprochen und Energieberatung betont, eine Verbrauchsreduktion im Kontext nachhaltiger Konsum- und Mobilitätsstile jedoch nicht angesprochen. Betont wird die weitere Steigerung des Lebensstandards sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Salzburger Wirtschaft. Zielkonflikte mit einer nachhaltigen Entwicklung werden nicht gesehen beziehungsweise ausgeblendet. Die Frage nach der Notwendigkeit einer drastischen Reduzierung des Ressourcen- und Energieverbrauchs wird nicht gestellt. Die Erreichung der Klimaziele bleibt daher fraglich. (Hans Holzinger, Experte für Nachhaltigkeit und neue Wohlstandsmodelle, S4F Salzburg)