„Wirtschaft im Kontext ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit“ – eine Analyse österreichischer Schulbücher

Wie wird Wirtschaft im Kontext aktueller sozialer Herausforderungen und angesichts planetarer Grenzen in österreichischen Schulbüchern dargestellt? Dieser Frage ging der Wirtschafts- und Sozialgeograf Hans Holzinger in einer soeben erschienenen umfangreichen Studie nach. Die Themenfelder reichen von der Darstellung von Bedürfnissen und dem Ziel von Wirtschaften über die Messung von Wohlstand und Lebensqualität bis hin zu den Herausforderungen durch ökologische Krisen, die zunehmende soziale Ungleichheit und den Grenzen des Wachstums in einer endlichen Welt.

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Untersucht wurden die sechs für die Oberstufen der Allgemeinbildenden Höheren Schulen derzeit zugelassenen Schulbücher „Durchblick kompetent“, „Geografisch“, „Geospots“, global“, Meridiane“ und „Perspektiven“. Die Inhalte der Schulbücher werden auf der Basis der aktuellen Fachdiskurse bewertet.

Hans Holzinger: Wirtschaft – Umwelt – Klima – Soziales. Die Darstellung von Wirtschaft in Österreichs Schulbüchern für Geografie und wirtschaftlicher Bildung im Kontext von nachhaltiger Entwicklung und planetarer Grenzen. Salzburg 2025. 280 Seiten. Zusammenfassung und Download

Die Zusammenfassung der Ergebnisse im ökologischen Kontext:

Sehr unterschiedlich und auch unterschiedlich ausführlich wird die Klimakrise thematisiert – in den Schulbüchern ist lediglich von Klimawandel die Rede. Mehrere Schulbücher betonen neben den Gefahren der Klimaerwärmung auch die dadurch entstehenden „Chancen“, etwa für den österreichischen Tourismus, da die Menschen im Sommer die kühleren Alpen den überhitzten Mittelmeerstränden vorziehen würden. Ein Schulbuch – es ist wiederum jenes, das auch auf die Bedeutung der Carearbeit eingeht – beschreibt die Risiken der Klimaerwärmung und die bisher zu zögerliche Klimapolitik dem Stand der Klimaforschung gemäß. Dieses Schulbuch geht auch ein auf die „Planetary Boundaries“, die vom Stockholm Resilience Center jährlich fortgeschrieben werden und anzeigen, wo wir uns gefährlichen Ökokipppunkten nähern – dazu zählen auch der Verlust an Biodiversität, die Auslaugung der Böden sowie die Wasserverknappung. Die Klimakrise muss als solche bezeichnet, die Ergebnisse der Klimaforschung, etwa der IPCC-Berichte, müssen dargestellt werden. Formulieren wie „Der Mensch oder die Menschheit ist verantwortlich…“ sind irreführend und wären zu ersetzen etwa durch „Die Menschen in den Hochkonsumländern sind verantwortlich …“, sowie in der Fachliteratur statt von Anthropozän von Kapitalozän gesprochen wird.

Auffallend sit auch, dass das Thema Energie vor allem mit der Frage des Versiegens fossiler Energieträger verbunden wird – Stichwort „Peak Oil“ – und nicht mit der Klimaproblematik. Das oben zitierte Schulbuch geht ausführlich auf die Erneuerbare Energiewende ein, ein weiteres stellt zumindest die in der EU geplante Energiewende im Kontext der vereinbarten Klimaziele ausführlich dar. Die anderen Schulbücher haben hier Aufholbedarf.

Die Mobilitätswende wird zum Teil mit dem Übergang zu E-Antrieben angesprochen, wenn auch mit Einwänden dagegen. E-Mobilität wird nur ein Teil der Lösung sein, ihre bessere Ökobilanz gegenüber Verbrennungsmotoren ist aber mittlerweile bewiesen. Die Mobilitätswende wird in Zukunft vor allem aus „Verkehr vermeiden und verlagern“ bestehen müssen. Dazu kommen neue Antriebe, die in E-Motoren zu sehen sind.

Der Begriff der Kreislaufwirtschaft wird einige Mal verwendet, dieser jedoch vor allem mit Recycling verbunden. Rohstoffe im Kreislauf zu halten – Stichwort „Urban Mining“ – wird wichtig sein, im Zentrum des Ansatzes der Kreislaufwirtschaft steht jedoch das Länger-Nutzen von Geräten. Das erfordert neue Produktdesigns, also langlebigere und reparierbare Geräte, sowie neue Nutzungsformen – vom gemeinsamen Nutzen bis hin zu Second-Hand.

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Autor: Hans Holzinger

Zukunfts- und Nachhaltigkeitsforscher, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg, 2010-2014 Lehrauftrag an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Autor und Vortragender, zuletzt erschienen: "Neuer Wohlstand. Leben und Wirtschaften auf einem begrenzten Planeten" (2012); "Sonne statt Atom. Robert Jungk und die Debatten über die Zukunft der Energieversorgung seit den 1950er-Jahren" (2013), "Von nichts zu viel - für alle genug" (2016), "Post-Corona-Gesellschaft" (2020). Forschungsschwerpunkte: Zukunft der Arbeit und sozialen Sicherung, globaler Ausgleich, neue Wohlstandbilder. Mitglied u.a. von Attac, Gemeinwohlökonomie,Global Marshall Plan Initiative, Südwind, Amnesty International.