Das Thema Klima- und Verkehrswende ist bei den wahlwerbenden Parteien der Stadt Salzburg angekommen. Diesen Eindruck konnte man bei einer Podiumsdiskussion der Bürgerinitiative „Platz für Salzburg“ kürzlich in der Arge Kultur gewinnen. Bis auf den Vertreter der FPÖ haben sich alle Spitzenkandidaten – Florian Kreibich (ÖVP), Bernhard Auinger (SPÖ), Anna Schiester (Bürgerliste), Kay-Michael Dankl (KPÖ+), Lukas Rupsch (NEOS) und Christoph Ferch (Salz) für eine Reduzierung des Autoverkehrs in der Stadt und eine Priorisierung des Öffentlichen, Rad- und Fußgängerverkehrs ausgesprochen. Der Bus soll überall den Vorrang vor dem Auto bekommen. Überraschend war auch die Zustimmung aller, wiederum mit Ausnahme der FPÖ, zur Forderung, bis 2035 einen Radverkehrsanteil von mindestens 35 Prozent anzustreben – aktuell sind es 22 Prozent – und dafür ein Sonderbudget von 40 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Auch die Neutorsperre für Autos, eine Umlenkung der Reisebusse sowie die Einbindung der Bevölkerung bei Verkehrsplanungen wurden mehrheitlich begrüßt.
„Das Ergebnis und der Verlauf des Abends waren überraschend positiv und konstruktiv“, konstatiert der Moderator und langjährige Umweltjournalist Heinrich Breidenbach. Und weiter: „Ganz offensichtlich ist in die kommunale Politik durchgesickert, dass es so nicht weiter gehen kann und eine Neuausrichtung der Verkehrspolitik in Richtung Umweltverbund unvermeidlich ist.“ Von der Zustimmung bei einer Diskussionsveranstaltung bis zur Umsetzung in die Realität bleibe freilich ein weiter Weg. Der Anschub durch initiative Bürger und Bürgerinnen sei daher unabdingbar. Aber ein guter Anfang sei gemacht.
Ähnlich positiv war die Einschätzung der Bürgerinitiative „Platz für Salzburg“. Die Stadtpolitik habe eingesehen, dass ein Weiter-so wie bisher keine Option sei, so eine der Sprecherinnen Roswitha Müller. „Die Bereitschaft sich gemeinsam den Herausforderungen zu stellen wurde betont und fußt auf einem Bewusstsein, dass eine Verkehrswende unabdingbar und schnell umgesetzt werden muss.“
Dass die Radwegeinfrastruktur weiter ausgebaut werden müsse, befürworteten auch in einer Umfrage der Radlobby Salzburg alle Parteien (von FPÖ und Salz gab es keine Antworten). Unterschiedlich fielen aber die Ausbauziele aus. Während die Bürgerliste und die KPÖ+ einen Radverkehrsanteil von 30 Prozent bis 2029, dem Ende der nächsten Legislaturperiode, anstreben, nannte die ÖVP die bisher in der Radverkehrsstrategie festgelegten 24 Prozent als Minimalziel, die SPÖ 26 Prozent als machbar. Anders als in der öffentlichen Podiumsdiskussion waren hier die Aussagen zum Radbudget kontrovers. Während die ÖVP und die SPÖ die bisherigen zwei Millionen Euro pro Jahr für ausreichend fanden, schlägt die KPÖ+ eine Verdoppelung, die Bürgerliste eine Erhöhung auf fünf Millionen Euro vor. Die Neos legten sich bei beiden Fragen auf keine Zahl fest.
Klimaschutz ist Thema, aber unterschiedlich akzentuiert
Dass Klimaschutz bei den Parteien der Stadt Salzburg angekommen ist, aber unterschiedlich akzentuiert wird, zeigt auch eine Analyse der Wahlprogramme durch Scientists for Future Salzburg. Der Begriff „Klima“ kommt bei SPÖ und Bürgerliste mit 38 bzw. 29 Nennungen am häufigsten vor. Bei „Nachhaltig“ liegen ÖVP und Bürgerliste voran – beide beziehen sich auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2040. Schwerpunkt in allen Wahlprogrammen ist der Verkehr: Bei den Nennungen zum Öffentlichen Verkehr rangieren wieder SPÖ und Bürgerliste vorne. Das Rad kommt bei der Bürgerliste am häufigsten vor, gefolgt von SPÖ und KPÖ+. Letztere ist Spitzenreiter beim Begriff „Leistbares Wohnen“. Von der FPÖ der Stadt Salzburg gibt es kein Wahlprogramm.
„Wie häufig umwelt- und klimarelevante Begriffe genannt werden, lässt zwar noch keine qualitativen Aussagen zu, zeigt aber Akzentuierungen der einzelnen Parteien auf“, heißt es in der Analyse von Scientists for Future. Auffällig sei, dass die ebenfalls klimarelevanten Bereiche Energie, Ernährung und Ressourcen sehr wenig angesprochen werden. Im Bereich Erneuerbare Energie wird von der Bürgerliste am aktivsten eine verstärkte Rolle der Stadt eingefordert.
Aufschlussreich sind die Argumentationsweisen für Klimapolitik: Die ÖVP setzt v.a. auf neue Technologien und „Hausverstand“, „Selbstbeschränkung und Selbstgeißelung“ werden abgelehnt. Betont wird das Miteinander aller Verkehrsträger, auch Maßnahmen für den Straßenverkehr wie der Autobahnanschluss Hagenau werden genannt. Bei der SPÖ und KPÖ+ wird Klimaschutz insbesondere mit sozialer Gerechtigkeit und Verbesserung der Luft- und Lebensqualität in benachteiligten Stadtteilen verbunden. Bei der Bürgerliste trägt bereits das erste Kapitel den Begriff „klimafitte Stadt“ im Titel. Höhere Lebensqualität für alle durch mehr Raum für Fußgänger, das Fahrrad und den Öffentlichen Verkehr stehen auch hier im Zentrum. Bei den NEOS wird die Verkehrswende vor allem mit der Erhöhung der Lebensqualität und der Verringerung der Staus argumentiert. Die Liste SALZ/Ferch lehnt – wie die SPÖ – den S-Link aufgrund zu hoher Kosten ab, alle anderen sind dafür – ein Streitpunkt könnten aber die oberirdischen Maßnahmen zur Beschränkung des Autoverkehrs werden. Einig ist man sich weitgehend, dass beim Wohnen im Bereich Leerstandsaktivierung und Nachverdichtung mehr geschehen müsse, um knappe Flächen besser zu nutzen.
Die Verkehrs- und Klimawende in der Stadt Salzburg steht an – den Worten müssen Taten folgen
Resümee: Maßnahmen wie der Austausch der verbliebenen Ölheizungen sowie der Ausbau der Fotovoltaik und der ökologischen Fernwärme sind wohl ebenso zu erreichen wie die Forcierung der Wärmedämmung. Die größte Herausforderung in der Stadt Salzburg – zusammenhängend mit dem ganzen Zentralraum – liegt beim Verkehr. Ohne drastische Maßnahmen, den Individualverkehr von der Straße auf den ÖV- und Radverkehrsanteil zu bringen, wird es nicht möglich sein, Klimaneutralität zu erreichen. Stau lässt sich am besten lösen, indem weniger Autos unterwegs sind. Begriffe wie das „Fließen des Verkehrs“ sowie ein „gleichberechtigtes Nebeneinander aller Verkehrsträger“ lassen übersehen, dass die Zurückdrängung des Autos in der Stadt nur mit einer Neuverteilung des knappen Raums zugunsten von Öffentlichem, Rad- und Fußgängerverkehr möglich ist.
Eine Gefahr der Verschleppung von Maßnahmen liegt in zwar ambitionierten, aber für die Politik weit entfernten Klimazielen. „Klimaziele sind als Richtschnur für die Transformation notwendig. Konsequenterweise müssen solche Ziele von konkreten Maßnahmen, etwa einem Umbau des rechtlich-regulatorischen Rahmens und der Steuern und Abgaben, begleitet werden“, so Katharina Rogenhofer vom neugegründeten Klimainstitut „Kontext“. Oft würden jedoch gerade diese verbindlichen Maßnahmen verschleppt oder unverbindliche Ziele als Ausweichargument verwendet. Auch vergangene Erfolge würden manchmal vorgeschoben, um keine weiteren Maßnahmen setzen zu müssen. Dass die Stadt Salzburg Klimaneutralität 2040 anpeile, dürfe nicht zum Aufschieben von Maßnahmen führen, so daher eine Warnung von Scientists for Future: „Klimapolitik darf nicht nebenbei passieren, sondern muss ins Zentrum der politischen Entscheidungen rücken. Ebenso wichtig wäre eine Evaluierung der Politik der letzten Jahre sowie die permanente und kritische Begleitung der Maßnahmen der neuen Regierung. Denn: Den Wahlversprechen müssen Taten folgen.“